
Unsere Kollegin und Freundin, Anne Goldmann, ist am 11. Oktober 2021 für uns unerwartet nach schwerer Krankheit verstorben. Wir sind fassungslos und tief traurig.
„Es ist notwendig, weiter immer wieder, immer neu, die weibliche Realität und Wahrnehmung gegen die gängigen Bilder zu stellen, zu zeigen, was ist, auszuleuchten, was bislang im Dunkel geblieben ist. Ein umfassendes Bild der Welt zu zeichnen und sichtbar zu machen, was verdeckt und verschwiegen wird.
Die Strukturen sind verfestigt, das Spiel lange geübt. Es wird also, gleich, ob wir schreiben, beschreiben, ob wir zählen, einen langen Atem brauchen, um zu erreichen, dass die Mechanismen, die dieses Ungleichgewicht ermöglichen, nicht mehr aufrechtzuerhalten sind. Ich zähle auf die nächste Generation, die mit einem anderen Selbstverständnis und Selbstbewusstsein aufwächst. Und auf alle, die – jetzt schon – offen und neugierig sind, sich nicht bedroht fühlen, wenn Gewohntes in Frage gestellt wird, sondern sich ernsthaft, lustvoll, spielerisch (was immer ihnen entspricht), darauf einlassen und entsprechend handeln.“ Anne Goldmann.
„Wir trauern um Anne Goldmann, unsere wunderbare Autorin, Freundin, Mitstreiterin, Vertraute. Annes unerwarteter früher Tod reißt eine schmerzhafte Lücke. Wir weinen um den Verlust einer staunenswert souveränen und großzügigen Frau voller Lebenserfahrung, stark, weise, lustig und voller Interesse an und Liebe zu Menschen. Als Freundin und energische Idealistin hat sie uns oft Wege gezeigt, mit Herz, Respekt und Mut für eine gerechtere Welt einzutreten, von Kleinlichkeiten abzulassen und aus Einfühlung eine Kraft zu machen, die nicht bremst, sondern antreibt.Als Schriftstellerin hat sie uns verzaubert mit ihrer einzigartigen Fähigkeit, hochspannend von widersprüchlichen, versehrten, strampelnden Menschen zu erzählen und deren Ängste, ihr alltägliches Ringen ungeschönt und doch zärtlich in soghafte, unter die Haut gehende Prosa zu verwandeln. Anne Goldmanns Romane sind Solitäre. Packende Thriller, die sehr reale Facetten von Gewalt und ihren Folgen in echten Leben thematisieren, sanft und gnadenlos. Ihr neues Buch wurde letzten Dienstag mit dem Leo-Perutz-Preis ausgezeichnet, gekürt von einer einstimmigen Jury. Dass sie sich darüber noch freuen konnte, ist ein kleiner Trost. Ihr präziser, geduldiger Blick, geschult und geschliffen in Dekaden harter Sozialarbeit, bleibt in ihren traumhaft schön geschriebenen Romanen erhalten.Es war ein großes Geschenk, mit Anne Goldmann zu arbeiten, zu sprechen, zu lachen und Pläne zu schmieden. In ihrem Herzensprojekt, dem feministischen Krimiautorinnen-Netzwerk Herland, lebt ihre Haltung weiter. Heiterer, uneigennütziger Respekt ist die Essenz ihres Wirkens. Danke, Anne.“ Else Laudan.
„Anne war so eigen, so apart. Immer schwarz angezogen, eine Wienerin, Städterin, mit einer riesigen (Bauern-)Familie als Hintergrund, Gespräche mit ihr waren intensivst. Sie war so mutig. Das hab ich so sehr bewundert, mit was für Menschen sie gearbeitet hat, mit den Versehrtesten, und sie hatte nie Angst, dass die sie auffressen. Sie ist ganz nah rangegangen. Und sie wurde nicht aufgefressen, jedenfalls nicht von den Menschen, sie hat ihnen geholfen und hat sich selbst dabei ohne Angst und Zaudern mit ihrer ganzen Person gegen Schmerzen, Wahnsinn, Unfähigkeit in den Ring geschmissen. Ich fand und finde sie toll. Ich heule schon den ganzen Tag und ich trinke jetzt mal auf Anne, sie hat ja nie mitgetrunken, aber irgendwie eben doch, sie hat freundlich nebendran gesessen und den Wahnsinn mitgetragen. Also auf Anne.“ Monika Geier
„Stimmt, Moni, genau, Anne hat nie mitgetrunken, aber freundlich nebendran gesessen und den Wahnsinn mitgetragen. Auch was du in der vorigen Mail schriebst, passt genau zu meinem ständigen Staunen über sie: unsere Anne war menschlich so riesengroß und dabei so sanft und ruhig, so gelassen; sie hatte jede ever nötige Härte und war zugleich ganz weich und liebevoll. Und wir haben so viel miteinander gelacht.“ Else Laudan
„Danke, liebe Anne, für deine Worte. Du hast so recht. Die immer wiederkehrende Frage geht mir im Kopf herum: What the fuck is going on? Warum müssen Freundinnen und Verbündete wie Marion von Osten, Francoise Cactus, Tatjana Turanksij und Anne Goldmann uns gerade verlassen?“ Merle Kröger
„Wie furchtbar, wie schmerzlich und in den Grundfesten erschütternd! Menschen, die gehen, werden in mir stets sehr groß, ich sehe Anne vor mir, ich fühle sie und höre sie reden und denke an ihre Klugheit und ihre Kraft, die mich immer sehr beeindruckt haben, und so wird sie für immer bei mir bleiben. Ich trauere sehr.“ Christine Lehmann
„Ich bin sprachlos. Gestern sah ich, dass sie den Perutz-Preis für Alle kleinen Tiere bekommt. Heute wollte ich ihr schreiben. Jetzt das. Ich bin froh, dass ich sie kennenlernen durfte. Ich bin froh, dass wir ihr etwas geben konnten, so wie sie uns.“ Zoë Beck
„Wir haben unglaublich viel gelacht und geredet, vor allem auf den Reisen zu und von unseren Herland-Treffen, aber auch bei gelegentlichen Treffen in Wien. Auf dem Weg zu Herland einmal fast den Flieger versäumt deshalb, auf dem Heimweg eine Station zu früh aus dem Zug gestiegen und erst nach einer Dreiviertelstunde gemerkt, dass wir auf unseren Anschlusszug auf diesem Bahnhof noch ewig hätten warten können. Weil sich mit ihr tiefe Gespräche führen ließen, auch wenn Hirn und Herz schon bis obenhin voll mit Eindrücken waren.“ Gudrun Lerchbaum
„Ich war ein paar Tage verreist, kam zurück, erfuhr aus Wien, dass Anne den Perutz-Preis gewonnen hatte, will ihr gratulieren und erfahre, dass sie gestorben ist. Nun sitze ich da und bin niedergeschmettert. Zu meiner letzten Lesung in Wien war sie gekommen! Ich wollte sie wieder treffen! Ich hab mich auf sie gefreut.“ Doris Gercke.
„Ich bin sehr traurig. Und dennoch irgendwie auch ruhig, denn es klingt, als könnte Anne in Frieden gehen. Ich bin traurig und wünsche Anne ihre Liebsten um sich. Und uns allen nur die schönsten Erinnerungen an sie.“ Sophie Sumburane
„Anne war voller Liebe und Kraft und Größe, ein Wesen von unfassbarer Schönheit, und seit ich heute gegen Mittag diese Nachricht bekommen habe bin ich ♥ … Auf Anne. Sie strahlt und lächelt und denkt und bleibt und begleitet uns weiter.“ Simone Buchholz
„Da ich unterwegs war, habe ich erst gestern Abend die unfassbar traurige Nachricht erhalten. Und ich fühle mich immer noch restlos besetzt davon und wie betäubt. Danke für all die Erinnerungen und Gedanken, die wir teilen dürfen. Ich habe mich Anne nahe gefühlt und vielleicht kann ich dabei mithelfen, ihre Wärme, ihre Klugheit, ihren Mut und die sanfte Härte ihrer Worte in der Welt weiterzubewegen.“ Uta-Maria Heim
Für ihren Krimi Alle kleinen Tiere hat Anne Goldmann am 12. Oktober den Leo-Perutz-Preis bekommen. Sie erfuhr es noch vor ihrem Tod und es war ihr eine große Freude.
Pingback: Nachruf auf Anne Goldmann – CulturMag
anne hinterlässt in sehr vielen menschen einen reichen schatz an wundervollen erinnerungen an sie, an die integre und offenherzige, mutige frau die sie war.
mein nachruf auf sie kann hier auch eine ergänzung beisteuern: https://davidramirer.twoday.net/stories/anne/
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