Sie war eine von uns. Sabine Deitmer, Schöpferin der charakterstarken und ganz eigenen Kommissarin Beate Stein, die öfter mal Täterinnen laufen ließ, hat sich seit den 1990ern für den Aufbruch der Frauen ins Genre stark und gerade gemacht, mit Lust und Fantasie, mit illusionsloser Konsequenz und Humor. Sie war enorm solidarisch, las begeistert und endlos neugierig andere Autorinnen, sie versuchte sogar das Syndikat feministisch zu unterwandern. Sie war scharfsichtig, herzlich, streitlustig und bescheiden. Sie verteidigte den Feminismus, als sich in den Nineties auf einmal kaum noch eine Feministin nennen mochte.
»In meinen Romanen gibt es immer ein Verbrechen hinter dem Verbrechen. Der Mord ist nur die Spitze des Eisberges. Der interessanteste Teil liegt für mich unter dem Wasser. Die grauenvollen Dinge, die sich täglich im Rahmen scheinbarer Normalität abspielen: der Vater, der den Missbrauch der Tochter in die Routine eines gutbürgerlichen Haushalts eingebaut hat; der junge Mann, der seine Freundin für einen Automotor an die Kumpel verschachert; der Vorgesetzte, der seine Mitarbeiterinnen sexuell ausnutzt und mit ihrem schweigen rechnen kann. Mehr als die Aufklärung des Mordfalls interessiert mich die Aufdeckung des gesellschaftlich Verdrängten.«
Sabine Deitmer
Als wir vor fünf Jahren HerLand gründeten, dachte ich an sie, machte einen Kontaktversuch. Bekam keine Reaktion, was ganz untypisch war, hörte später von Doris, dass sie wohl nicht gesund sei. Jetzt fehlt sie uns.
Sabine Deitmer, die herzliche, humorvolle, mutige Autorin und Netzwerkerin, steht für immer leuchtend in der Riege der kämpferischen kreativen Frauen, die sich mit Herz und Anspruch für den feministischen Aufbruch im deutschsprachigen Kriminalroman engagiert haben, und wir vergessen sie nicht.
Else Laudan