Treffpunkt Morgengrauen? Abgesagt!

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Von Simone Buchholz

Neulich kam mir zu Ohren, dass ein paar (sehr) etablierte Kritiker Kriminalromane von Frauen (in dem Fall speziell meine) für „nicht satisfaktionsfähig“ halten. Jetzt gibt es natürlich keinen Grund, sich darüber aufzuregen, dass jemand mein Zeug nicht mag, das können ja alle halten wie die Dachdecker, ich mag mein Zeug oft auch nicht. Es gibt aber einen ganzen Sack voll guter Gründe, sich über den Begriff „nicht satisfaktionsfähig“ aufzuregen, gerade wenn ihn ein Mann in einer einflussreichen Position gegenüber einer Frau benutzt.

Lassen wir uns das doch nochmal auf der Zunge zergehen.

Typ, über fünfzig, steht da und denkt zwei Sekunden über Frau, gar nicht mal viel jünger, nach. Winkt dann ab und sagt: „Nicht satisfaktionsfähig.“

Typ, über fünfzig, hält sich also für jemanden, der sich üblicherweise im Morgengrauen duelliert. Typ, über fünfzig, denkt offenbar, er befindet sich im 19. Jahrhundert. Typ, über fünfzig, sieht Buch von Frau als Beleidigung an, weil: Duelle folgen auf Ehrenstreitigkeiten. Typ, über fünfzig, empfindet sich aber als Adel, oder zumindest als Hochbürgertum. Im Gegensatz zu Frau, muss ja so, wenn sie als nicht satisfaktionsfähig angesehen wird. Frau befindet sich demzufolge in gesellschaftlich äußerst niedrigem Stand, Bauernmagd, Marketenderin, Puffmutter, whatever, auf jeden Fall ist sie die Kugel nicht wert.

Meine Güte, wieviel reaktionäre Scheiße da rausquillt.

Was diese Typen, die früher bestimmt alle mal schicke, elegante Umstürzler waren, in ihren Machtpositionen inzwischen vermutlich längst vergessen haben: Schreiben ist immer ein Aufstand, und der Aufstand ist in vollem Gange.

 

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2 Antworten zu Treffpunkt Morgengrauen? Abgesagt!

  1. Else Laudan schreibt:

    Interessant, wie solche Herrensprüche den inneren Zorro reflexreizen. Spontan will ich einen Degen ziehen und den Herren zeigen, was eine feministische Harke ist. En Garde – gegen Herrschaft und Knechtung! Doch kurz bevor ich die Machomaske übers Gesicht binde, fällt mir ein, dass dies weder unser Kampf noch unsere Waffe ist. Jenseits der Provokation gilt es die Erzählung zu erobern, die Sprache zu gewinnen, die von der ganzen Welt erzählt statt nur von lebensabgewandten Dominusspielchen. Eine gerechtere Gesellschaft müssen wir alle gemeinsam machen, und das beginnt mit Schreiben und Reden, nicht mit einem durchstochenen Bauch. Genau: Zorro senior geht in den Ruhestand, es lebe der Aufstand.

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  2. gudrunlerchbaum schreibt:

    Hat dies auf g:textet rebloggt.

    Gefällt 1 Person

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